Waldeckisches Kammerorchester 2007


Dienstag, 18. September 2007 - Stadthalle Korbach


Schwierigkeiten der Partitur mühelos gemeistert

Von Dr. Hartmut Wecker

KORBACH. Für das erste Konzert der Saison 2007/2008 hatte sich das Kammerorchester Korbach / Bad Arolsen ein Programm ausgesucht, wie es kontrastreicher kaum hätte sein können.

War der erste Teil ganz Werken Ludwig van Beethovens vorbehalten, so bot der zweite einen Ãœberblick über das musikgeschichtliche Spektrum des 20. Jahrhunderts mit Kompositionen von Ottorino Respighi, Leonard Bernstein und Arvo Part.

Rund 200 Musikfreunde waren in die Korbacher Stadthalle gekommen, um das erste große Konzert der neuen Spielzeit mitzuerleben. Den Auftakt bildete Beethovens Ouvertüre zu Goethes Trauerspiel "Egmont". Das einleitende pointierte Sarabandenmotiv erklang zunächst noch etwas zögerlich und rhythmisch wenig konturiert. Dies war aber bereits das einzige Detail, das zu einer kritischen Anmerkung herausforderte. Im Laufe des Stückes steigerte sich das Orchester unter der engagierten Leitung seines Dirigenten Rainer W. Böttcher sukzessive und verschmolz zu einer homogenen klanglichen Einheit. Spätestens in der triumphalen Schlussapotheose des Allegro con brio hatten sich alle Musikerinnen und Musiker freigespielt und das Publikum wusste, dass es einen großartigen Abend erwarten dürfte.

Dies zeigte sich auch gleich im anschließenden Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll op. 37 von Beethoven. In diesem Werk hat der Komponist endgültig zu seiner eigenen, unverwechselbaren Tonsprache gefunden. Es wird getragen von einem heroischen Gestus, der sich gelegentlich bis an die Grenzen des Hysterischen steigert, um dann wieder in lyrischen Passagen auszuschwingen. Der Pianistin Tatjana Kouper gelang es in kongenialer Weise, diese spannungsgeladenen Kontraste zu vergegenwärtigen.

Auf der Grundlage einer sicheren und soliden Technik meisterte sie den anspruchsvollen Solopart überzeugend. Ihr Spiel war kraftvoll, auch im Forte noch klar strukturiert und es verfügte über ein breites Spektrum dynamischer Nuancen. In den lyrischen Passagen, etwa dem Seitenthema des 1. Satzes, oder im Beginn des 2. Satzes ließ sie das Klavier geradezu singen. Auch das Orchester fügte sich diesem hohen Niveau nahtlos an, so dass man über weite Strecken vergessen konnte, dass es sich hier um ein Liebhaberensemble handelt. Diese Leistung war professionell.

Nach der Pause stand zunächst Ã?le erste Suite der Antiche Danze ed Arie des Italieners Ottorino Respighi auf dem Programm. Es handelt sich dabei um die Ãœbertragungen frühbarocker Tanzsätze und Arien in die Orchestersprache des 19. bzw. frühen 20. Jahrhunderts. Man mag trefflich darüber streiten, ob man es hier mit eigenständigen Werken der Orchesterliteratur oder mit musikalischen Laborversuchen zu tun hat. Jedenfalls konnten in den vier Stücken vor allem die Streicher überzeugen, die zu einem satten, strahlenden Klang ohne jegliche Schärfen fanden.

Gleiches gilt auch für Arvo Parts Komposition Festina lente für Streichorchester. In diesem Werk stehen weniger thematische Prozesse im Vordergrund, es geht vielmehr um klangliche und dynamische Entwicklungen, die sich in einem großen Bogen vom äußersten Pianissimo bis hin zum zweifachen Forte und von dort zurück zum Ausgangspunkt vollziehen.

Das Finale war Leonard Bernstein gewidmet, einem der vielseitigsten und genialsten Musiker des 20. Jahrhunderts. Eine Suite mit den bekanntesten Melodien seines Musicals "West Side Story" entführte das Publikum in eine ganz eigene musikalische Ausdruckswelt. Mitreißende Tanzrhythmen, Melodien, die ins Ohr gehen - das sind Elemente, die auch unmittelbare Wirkung auf das Publikum zeigten.

Dem Orchester selbst war die Spielfreude geradezu anzumerken. Scheinbar mühelos meisterte es die Schwierigkeiten der Partitur und berauschte sich selbst an der eigenen Leistung. Lang anhaltender Applaus war der verdiente Lohn. Dirigent Rainer W. Böttcher hat mit dem Kammerorchester eindeutig neue Wege beschritten. Die Musikerinnen und Musiker sind ihm offenbar gerne gefolgt und so dürfen wir auch in Zukunft wohl noch viel von "unserem" Orchester erwarten.

Quelle: WLZ vom 18. September 2007


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