Bernd Stelter


Samstag, 26. Mai 2007 - Bürgerhaus Korbach

600 Zuschauer in der ausverkauften Korbacher Stadthalle

Vom Pickelgesicht zum Bären

Von Elmar Schulten

KORBACH. Pubertät ist, wenn die Eltern nervig werden. - Definitionen wie diese kennt jedes leidgeprüfte Elternpaar. Wie gut zu hören, dass es anderen ähnlich geht, und wie unterhaltsam zu sehen, wie souverän der Kabarettist und Vater Bernd Stelter die Erfahrungen mit seinen pubertierenden Kindern in ein spritziges Bühnenprogramm mit dem Titel "Pubertät ist mehr als Pickel" gepackt hat.

Von Rapp-Musik bis Piercing, von Tokio Hotel bis SMS-Wahn, kein Aspekt in der für alle Beteiligten schwierigen Entwicklungsphase auf dem Weg vom Kind zum Erwachsenen blieb beim Auftritt des aus dem Kölner Karneval bekannten Entertainers in der mit 600 Zuschauern voll besetzten Korbacher Stadthalle unerwähnt.

"Abends Harry Potter gelesen und morgens hast du nen Zauberstab." - Mit seinen flotten Sprüchen brachte Stelter treffend auf den Punkt, was die "Großbaustelle in der Großhirnrinde" den Jugendlichen so alles abverlangt: Und auch die Mädchen müssen ihren Weg vorbei an all den falschen Schönheitsidealen finden: "Bulemie - waren das noch Zeiten, als die nur zum Rauchen aufs Klo gingen!"

Von der Betrachtung der heutigen Jugend ist der Sprung nicht weit zur eigenen Pubertät in den Siebzigern. Als Pickelgesicht habe er früh gelernt, sich gut auszudrücken, verrät Stelter. Auf dem Requisitenständer findet er für seinen ganz persönlichen Rückblick eine alte "Nato-Nahkampfjacke" mit Che-Guevara-Aufnäher und "Atomkraft-Nein-danke"-Emblem: "In den Brusttaschen konnten wir so schön den Tabak und die Haarbürste verstauen." Sehr anschaulich mit musikalischen Zitaten unterlegt schildert das kabarettistische Multitalent seinen ersten Kontakt zum anderen Geschlecht und den ersten verunglückten Kuss beim Flaschendrehen auf einer Matratzenparty.

Seine selbstkritische Bilanz: "Wir sahen damals scheiße aus. Aber wir hatten die bessere Musik." Dass er trotz seines fortgeschrittenen Alters die mit Anleihen aus dem Englischen durchsetzte Sprache der Rapper beherrscht, stellte der 46-Jährige bei seiner Hard-Core-Interpretation der Pippi-Langstrumpf-Geschichte unter Beweis.

Auch in die schwierige Situation eines Sauerländer Bauern, der die drängenden Fragen zum Liebesleben seiner Tochter Desiree nicht beantworten mag, kann sich Stelter hineindenken. In der Rolle eines schrulligen Mitglieds des Lehrerkörpers eines imaginären Hans-Pfeiffer-Gesamt-Gymnasiums erweist sich der Kabarettist sogar als Lehrer-Versteher: Seine Satire über das kranke Bildungssystem gerät zur treffenden Beschreibung der öffentlichen Schulen mit viel zu kleinen Räumen für viel zu große Klassen. Da können Lehrer Magengeschwüre und den Gang zum Psychiater kaum vermeiden.

Nach der Pause spickt Stelter seine pickeligen Wahrheiten mit Nummern aus seinem vom Kölner Karneval bekannten Bühnenprogramm. Und stets sind ihm die Lacher sicher. Bei der dritten Zugabe nach zweieinhalb Stunden Gute-Laune-Programm greift Stelter ein weiteres Mal zur Gitarre und stimmt seinen Markenzeichen-Song an: "Ich hab drei Haare auf der Brust, ich bin ein Bär" und die ganze Korbacher Stadthalle gröhlt den Refrain mit.

Doch wer glaubt, dass dies das Rausschmeißer-Lied gewesen sei, der irrt gewaltig. Der sympathische Stelter steht da, genießt den Applaus, bedankt sich artig, schnappt sich einen Stuhl, baut ihn am Bühnenrand auf und meint: "Wer jetzt noch Fragen stellen möchte: Jetzt wäre eine gute Zeit dafür."

Tatsächlich entwickelt sich ein nettes Gespräch mit dem Publikum, bei dem er verrät, dass es keine Neuauflage von "7 Tage, 7 Köpfe" geben wird, dafür aber im Juni eine neue Kabarett-Show mit unbekannten, aber großartigen Regionalgrößen. Weil der Show-Profi weiß, was er seinem Publikum schuldig ist, nimmt er sich Zeit für Autogramme: "Jeder, der eins haben möchte, bekommt eins." Und die Schlange ist lang.

Quelle: WLZ vom 26. Mai 2007


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